18. April 2020

Vermeidbare Verkehrsunfälle belasten das Gesundheitssystem zusätzlich

Die Tatsache, dass bedingt durch die Corona-Krise und die damit einhergehende Entschleunigung aller Lebensbereiche auf unseren Straßen ein deutlich geringeres Verkehrsaufkommen zu verzeichnen ist, wird leider auch von potentiellen Rasern ausgenutzt.

Dies gilt sowohl für Pkw- als auch für Motorradfahrer, wobei letztere sich zudem durch das gute Wetter zu zahlreichen Ausfahrten animieren lassen. So berichteten u. a. nordrhein-westfälische Polizeibehörden im März 2020 eine deutliche Zunahme der punktuellen Geschwindigkeitsüberschreitungen – Zitat: „…rund 30 Prozent der Fahrzeuge waren zu schnell unterwegs - normal ist eine Quote von 5 bis 8 Prozent“. Der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Erich Rettinghaus führt dazu aus: „Dies beschreibt eine Schattenseite der Corona-Krise, wobei der individuelle Egoismus über die Interessen der Allgemeinheit gestellt wird, bei einigen Fahrzeugführern vermeintlich gerechtfertigt durch Langeweile, die wegen fehlender Alternativen der Freizeitgestaltung, wie Kino, Diskothek, Fitness-Studio, aufkommt". Auch der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) warnt davor, den momentan weniger stark befahrenen Straßenraum auszunutzen, um schneller anzukommen.

Wenn unzulässige Geschwindigkeitsüberschreitungen zu ansonsten vermeidbaren Verkehrsunfällen mit Schwerverletzten führen, binden die Verunglückten die Einsatz- und Rettungskräfte und belasten das gesamte Gesundheitssystem, insbesondere Krankenhäuser mit ihren Notaufnahmen und ggf. auch Intensivstationen. Die von der Mehrheit der Bevölkerung mit persönlichen Einschränkungen wie Kontaktbeschränkungen unterstützten Bemühungen, das Gesundheitssystem vor dem Kollaps zu bewahren, werden damit leichtfertig konterkariert. Selbst Leichtverletzte, die nach Verkehrsunfällen zu beklagen sind, die ebenfalls auf die Unfallursache Geschwindigkeit zurückgeführt werden müssen, beanspruchen durch Transport und Behandlung Krankenhauskapazitäten und erhöhen zusätzlich das Infektionsrisiko durch die erforderlichen Kontakte. Der DVR führt dazu aus: „Sich solidarisch mit medizinischem Fachpersonal zu verhalten bedeute auch, Unfälle aktiv zu vermeiden. … Wir alle können einen Beitrag dazu leisten, indem wir uns an die Verkehrsregeln halten und Rücksicht auf andere nehmen“.

Ein Mehr an Geschwindigkeitsüberwachung erscheint erforderlich. Dafür geeignete Technik ist vorhanden. Laut Bundesverband Verkehrssicherheitstechnik bietet sich hier zum Beispiel der Einsatz der sogenannten „Semistationären Geschwindigkeitsmessanlagen“ an. Diese Technik ist so ausgelegt, dass sie ortsveränderlich (z. B. auf einem Pkw-Anhänger verbaut und am jeweiligen Messort absenkbar) und grundsätzlich temporär (Tage, Wochen oder Monate) betrieben werden kann. Insbesondere die innerörtliche Verkehrsüberwachung kann durch den an wechselnden Orten durchgeführten Einsatz dieser Technik flexibel realisiert werden. Das ist unabhängig davon, ob es sich dabei um Gefahrenstellen durch festgestellte Unfallhäufungspunkte bzw. -strecken oder um identifizierte „Raserstrecken“ handelt.

Alternativ kann die Polizei zudem klassisch mobile Geschwindigkeitsmessfahrzeuge und -technik einsetzen. Jede Messung, die dabei zu einem Anhaltevorgang führt, ermöglicht sodann – unter Beachtung der erforderlichen Hygienevorschriften - das verkehrspädagogische Gespräch mit dem Fahrzeugführer und die Überprüfung, ob er ggf. alkoholisiert bzw. drogenbeeinflusst ist; darüber hinaus können gelegentlich bei dieser Kontrollart auch nicht angegurtete Fahrzeuginsassen festgestellt werden. In diesem Zusammenhang soll nicht unerwähnt bleiben, dass aktuell aus Bayern ein besonderes Phänomen berichtet wird: Danach werden dort zunehmend Fälle festgestellt, bei denen der Raser- und Tuningszene zuzurechnende Fahrzeugführer Corona-Schutzmasken dazu nutzen, eine Identifizierung zu erschweren oder gar unmöglich zu machen. Auch dieser Entwicklung kann durch eine konsequente Geschwindigkeitsüberwachung, die mit Anhalten einhergeht, entgegengewirkt werden.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft appelliert vor dem dargestellten Hintergrund an alle Pkw- und Motorradfahrer, sich an die Verkehrsregeln zu halten und dabei insbesondere die Geschwindigkeitsvorgaben zu beachten. Erich Rettinghaus: „Wir sind alle aufgerufen, unseren Anteil an der Überwindung der durch das Corona-Virus hervorgerufenen Pandemie zu leisten – dazu gehört auch der Schutz unseres Gesundheitssystems durch Reduzierung der Zahl der Verkehrsunfallopfer!“

LPD a. D. Wolfgang Blindenbacher, DPolG-Kommission Verkehr

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