EU-Osterweiterung – Chancen und Risiken für die innere Sicherheit
Die EU-Osterweiterung bedeutet für die innere Sicherheit in Deutschland und für die EU insgesamt eine große Herausforderung. Nach dem Wegfall der Zollkontrollen und nach einem mittelfristigen Verzicht auf die Grenzkontrollen muss die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger gewährleistet bleiben. Der Beitritt 10 neuer Staaten zur EU kann zu einer Stärkung der inneren Sicherheit in der EU führen, wenn die neuen Mitglieder den EU-Sicherheitsstandard erfüllen.
Ein wichtiges Anliegen der beiderseits der Grenze lebenden Bürgerinnen und Bürger ist die Bekämpfung von Kriminalität. Die Grenzgebiete sind nicht nur Transitregion, sondern auch Aktionsfeld für Organisierte Kriminalität.
Die DPolG geht von einer Zunahme folgender Erscheinungen von Kriminalität aus, wenn es nicht gelingt, gemeinsame Sicherheitsstandards durchzusetzen und dauerhaft zu gewährleisten:
- Beihilfe zur illegalen Zuwanderung (Einschleusung)
- Menschenhandel
- Drogenhandel
- Geldfälschung
- Geldwäsche
- High-Tech-Kriminalität
- Warenschmuggel
- Kraftfahrzeugkriminalität
- Produktfälschung
- Waffenschmuggel
Die DEUTSCHE POLIZEIGEWERKSCHAFT (DPolG) erhebt vor diesem Hintergrund folgende Forderungen:
Der Schutz der Bevölkerung vor organisierter Kriminalität wie Menschenhandel, Schleusung und Drogenkriminalität an der Grenze zu Polen und Tschechien muss bei allen zu treffenden Maßnahmen oberste Priorität haben.
Die Gewährleistung der inneren Sicherheit hängt entscheidend vom Zeitpunkt und den Bedingungen für die Aufhebung der Personenkontrollen an den Grenzen zu den Beitrittsstaaten ab. Voraussetzung für die Aufhebung der Personenkontrollen ist die Garantie der Einhaltung des „Schengen-Standards“ bei den Ausgleichsmaßnahmen an den Grenzen, der Sicherung der Außengrenzen, der Betriebsbereitschaft des Schengen-Informationssystems und der Einhaltung der Visabestimmungen.
Ausgehend von der neuen geographischen Mittellage Deutschlands in der EU kann mit einem Anstieg des Schwerlastverkehrs auf deutschen Straßen von bis zu 60% in den nächsten 10 Jahren gerechnet werden. Eine große Zahl von Lastkraftwagen aus den Beitrittsstaaten ist in einem nicht verkehrssicheren Zustand. Überdies ist von einer zunehmenden Zahl von Lenkzeitüberschreitungen aufgrund des starken Preiskampfes im Speditionsgewerbe auszugehen. Deshalb sind die Polizeien in den neuen EU-Staaten gefordert, verstärkt Kontrollen von Schwerlasttransporten bereits auf ihrem Staatsgebiet vorzunehmen.
Polizei und Bundesgrenzschutz müssen in die Lage versetzt werden, ihre Aufgaben wirksam erfüllen zu können. Wenn schon ein europaweit einheitliches digitales Funksystem nicht mehr realisiert werden kann, muss vordringliches Ziel sein, die deutschen Sicherheitsbehörden mit einem digitalen Funksystem auszustatten. Es ist aus deutscher Sicht skandalös, dass Länder wie Polen und Tschechien über ein modernes Kommunikationssystem verfügen, während deutsche Sicherheitskräfte noch mit alten analogen Funkgeräten arbeiten.
Durch den Einsatz moderner Car-PC-Systeme könnte die Einsatz- und Kontrolldichte deutlich erhöht werden.
Die Ergänzung der kfz-gestützten Wärmebildsysteme durch mobile Wärmebildkameras und die Modifizierung der vorhandenen kfz-gestützten Wärmebildsysteme (neue Monitore, Kameras) müssen geleistet werden.
Die Dienstfahrzeuge der Polizei müssen mit Rundum-Kameras und mit GPS-Ortungssystemen ausgestattet werden.
Die Sicherung der EU-Außengrenzen insbesondere gegen unkontrollierte Migration und organisierte Schleusungskriminalität ist ein europäisches Problem, bei dessen Lösung zukünftig alle EU-Mitgliedsstaaten gefordert sind. Die DPolG begrüßt die Einrichtung einer gemeinsamen europäischen Grenzschutzagentur. Sie wirkt jedoch nur begleitend und koordinierend. Für den Schutz der EU-Außengrenzen wird der Bundesgrenzschutz unterstützend fungieren. Dafür ist zusätzliches Personal erforderlich, damit der BGS auch in Deutschland weiterhin seinen Aufgaben vollauf gerecht werden kann.
EUROPOL muss zu einer zentralen Sammelstelle von Daten bezüglich grenzüberschreitender, internationaler Kriminalität werden und die notwendige Koordinierungsarbeit leisten.
Es müssen staatliche Übereinkommen innerhalb der EU geschaffen werden, dass Straftäter ihre Freiheitsstrafen im Herkunftsland absitzen. Wohnsitzlose EU-Bürger sind ebenfalls durch ihr Herkunftsland aufzunehmen.
Die in Ansätzen vorhandenen Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten müssen auf gemeinsamer Grundlage mit den neuen europäischen Kolleginnen und Kollegen kontinuierlich ausgebaut und fortgesetzt werden. Dazu gehören Sprachkurse, Lehrgänge über polizeirechtliche Fragen der Nachbarstaaten, Schulungen für gemeinsame Grenzstreifen und Ermittlungsgruppen sowie zur Koordinierung von Verfahren.
Grenzkriminalität, EU-Binnenkriminalität und Terrorismus lassen sich nur effektiv bekämpfen, wenn die Polizeiarbeit in den Mitgliedsstaaten der EU weitgehend einheitlich strukturiert ist. Deshalb muss zukünftig gesichert sein, dass der Grenzschutz nicht abgekoppelt von Polizeiaufgaben als paramilitärische Aufgabe gesehen wird.
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