Umfassende Neutralitätspflicht des Personalrats
Keine gewerkschaftlichen Informationsmaterialien in und vor dem Personalratsbüro
Beschluss des BVerwG vom 08.08.2024
Das Bundesverwaltungsgericht hat festgestellt, dass Druckerzeugnisse von Gewerkschaften auch vor dem Personalratsbüro zu entfernen sind.
In der Sache ging es ursprünglich um die Auslage von Druckerzeugnissen der Gewerkschaft der Polizei in einem Regal neben der Tür des Personalratsbüros. 2020 forderte ein Personalratsmitglied von dem Personalrat die Beseitigung des „Werbematerials für eine Gewerkschaft.“ Der Personalrat als Gremium beschloss den Antrag des Personalratsmitglieds abzulehnen.
Die Angelegenheit wurde dann noch im selben Jahr vor dem VG Berlin geführt. Die Antragstellerin beantragte festzustellen, dass der Personalratsbeschluss rechtswidrig und der Personalrat verpflichtet sei, das Werbematerial zu entfernen oder zumindest auf einen der Neutralitätspflicht genügenden Umfang zu reduzieren. Vor dem VG Berlin unterlag die Antragstellerin (Beschl. V. 14.07.2022 – VG 61 K 15/20 PVL).
2022 legte die Antragstellerin Beschwerde gegen den Beschluss des VG Berlin ein. Sie begründet ihr Anliegen wie folgt: Der Personalrat habe seine Neutralitätspflicht verletzt. Es bestehe durch die Werbung die konkrete Gefahr der Beeinflussung von Besuchern und Mitarbeitenden. Das OVG Berlin als Beschwerdeinstanz stellt zunächst fest, dass ein einzelnes Personalratsmitglied antragsbefugt ist, gerichtlich feststellen zu lassen, dass ein Personalratsbeschluss rechtmäßig/rechtswidrig ist. Weiterhin stellt das OVG Berlin fest, dass die Duldung der Auslage von Druckerzeugnissen von Gewerkschaften auf dem Regal vor dem Personalratsbüro gegen die Pflicht des Personalrats zur Objektivität und Neutralität verstößt. Ein Personalrat ist allein ein Gremium des öffentlichen Dienstes, das sich jeglicher Mitgliederwerbung für Gewerkschaften aufgrund von Art. 9 Abs.3 GG zu enthalten hat.
Der Personalrat hat gegen den Beschluss des OVG Berlin (Beschl. V. 15.02.2024 – OVG 60 PV 11/22) wiederum Beschwerde vor dem BVerwG eingereicht. Daraufhin stellt das BVerwG nun fest (Beschl. V. 08.08.2024 – 5 PB 3.24), dass sowohl der Personalrat als auch seine Mitglieder verpflichtet sind, alles zu unterlassen, was bei den Beschäftigten begründete Zweifel an der Objektivität und Neutralität ihrer Amtsführung hervorrufen kann. Der Personalrat hat alles zu vermeiden, was geeignet ist, seine Stellung als Repräsentant der Gesamtheit der Bediensteten und als neutraler Sachverwalter ihrer Interessen zweifelhaft erscheinen zu lassen.
Das BVerwG weist darauf hin, dass hinsichtlich der Nähe zum Personalratsbüro jeweils die Örtlichkeiten und weiteren Umstände des jeweiligen Einzelfalls ausschlaggebend sind. Von der Unzulässigkeit der Mitgliederwerbung für Gewerkschaften ist somit grundsätzlich in und „in der Nähe“ von Personalratsbüros, sowie durch das Verhalten einzelner Personalratsmitglieder oder des Gremiums als solchem auszugehen. Insbesondere ist auf die Verpflichtung des Personalrats abzustellen, darüber zu wachen, dass alle Beschäftigten nach Recht und Billigkeit behandelt werden und insbesondere eine unterschiedliche Behandlung von Personen wegen ihrer […] gewerkschaftlichen Betätigung […] unterbleibt.